Stellungnahme der nak zum Wohnungslosenberichterstattungsgesetz

Am 16. Juli 2019 hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales den innerhalb der Bundesregierung noch nicht abgestimmten Referentenentwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Wohnungslosenberichterstattung vorgelegt. Der Gesetzentwurf beinhaltet die Einführung einer bundesweiten Wohnungslosenstatistik, die Verpflichtung zu einer ergänzenden Berichterstattung der Bundesregierung sowie eine Folgeänderung des SGB X.

Die nak hat zu dem Referentenentwurf am 09. August 2019 Stellung genommen und wird auch an der Anhörung hierzu am 20. August 2019 im BMAS teilnehmen. In ihrer Stellungnahme begrüßt die nak, dass mit dem Gesetz bundesweit Daten zum Ausmaß und zur Struktur von Wohnungslosigkeit erhoben werden, um auf dieser Grundlage sozialpolitische Maßnahmen zu entwickeln und Wohnungslosigkeit sichtbar zu machen und zu bekämpfen. Die nak und ihre Mitgliedsverbände fordern seit vielen Jahren die Einführung einer bundesweiten Wohnungslosenstatistik in Deutschland. Diese Forderung wurde auch von internationalen Menschenrechtsgremien wiederholt ausgesprochen, zuletzt vom UN-Sozialpaktausschuss 2018, um effektiv gegen Wohnungslosigkeit vorgehen zu und für besonders verletzliche Gruppen das Recht auf Wohnen verwirklichen zu können.

Kritisch sieht die nak die Beschränkung der Statistik auf Personen, die am 30. September eines jeden Jahres in einer Einrichtung der Wohnungslosenhilfe übernachten. Damit werden Personenkreise ausgeschlossen, die eindeutig unter die vom Europäischen Dachverband der Wohnungslosenhilfe (FEANTSA) entwickelte und von der BAG W weiterentwickelte Wohnungsnotfalldefinition fallen. Die nak kritisiert auch, dass die Wohnungslosenzahl erst 2021 erstmalig erhoben werden soll. Bis die erste Zählung tatsächlich durchgeführt wird, dauert es somit noch weitere zwei Jahre. Die nak bedauert außerdem, dass nicht festgelegt wurde, in welcher Art und Weise die Daten bewertet und mit anderen Akteuren in einem offenen Prozess, Lösungsmöglichkeiten entwickelt werden können. Um eine bessere Vergleichbarkeit mit der etablierten NRW-Statistik zu haben schlägt die nak als Stichtag den 30. Juni eines Jahres vor.

Die ausführliche Stellungnahme der nak zum Download:

Stellungnahme_nak_WohnungslosenberichterstattungsG_2019

Gutachten des DGB und der nak zur Ausgestaltung eines europäischen Rahmens für die Mindestsicherung

Gemeinsam mit dem DGB hat die Nationale Armutskonferenz (nak) ein Gutachten zur Frage nach der „Ausgestaltung einer armutsfesten europäischen Mindestsicherung“ in Auftrag gegeben. Gefördert wurde dieses aus Eigenmitteln des DGB und mit Mitteln des EU-geförderten Projektes European Minimum Income Network 2 (EMIN-2).

Das Gutachten von Prof. Dr. Benjamin Benz von der Evangelischen Hochschule Rheinland-Westfalen-Lippe klärt zunächst den Problemzusammenhang und die bereits bestehenden inhaltlichen Anknüpfungspunkte für eine solche Ausgestaltung. Außerdem wird der politische Kontext, zu dem auch die Frage der unionsrechtlichen Verankerung einer verstärkten europäischen Mindestsicherungspolitik gehört, erörtert. Darauf aufbauend wird ein verbindlicher europäischer Rahmen für die Mindestsicherung in den Mitgliedstaaten skizziert, einschließlich weiter zu diskutierender konkreter Maßnahmen und Regelungen.

In der Zusammenfassung sagt das Gutachten, das die Mindestsicherungssysteme in kaum einem EU-Land hinreichend gegen Armut schützen. Europäische Mindeststandards ließen sich im sozialpolitischen Leistungsrecht am ehesten im Bereich der Mindestsicherung erreichen. Dies eröffne die Chance, das „Europäische Sozialmodell“ im Sinne „minimaler Harmonisierung“ zu fundieren, es „auf die Füße zu stellen“. Die Ausgestaltung eines europäischen Rahmens für die Mindestsicherung in den Mitgliedstaaten könne an arbeitsmarkt-, armuts- und sozialpolitische Debatten, Erklärungen und „Garantien“ auf nationaler und europäischer Ebene anknüpfen, an verschiedene ideengeschichtliche Wurzeln, aber auch an handfeste Konflikte, etwa um innereuropäische Armutsmigration.

Laut Gutachten sei es bereits jetzt rechtlich möglich Handlungskompetenz zu gestalten, um europäische Mindeststandards bei der Grundsicherung festzulegen. Die Systeme entsprechend auszugestalten obliege den Mitgliedstaaten. 2020, wenn Deutschland die EU-Ratspräsidentschaft übernimmt, wird es darauf ankommen, ob die Bundesrepublik ihre Ankündigung aus dem Koalitionsvertrag „einen Rahmen für nationale Grundsicherungssysteme in den EU-Staaten zu entwickeln“ in die Tat umsetzt.

Das Gutachten zum Download:

deutsche Version
DGB-NAK-Benz-Gutachten-EU-Rahmen-Mindestsicherung_Februar2019

englische Version
DGB-NAK-Benz-Opinion-EU-Minimum-Income-Framework

Lesen Sie auch die Pressmitteilung des DGB vom 17. April 2019 hierzu:

https://www.dgb.de/themen/++co++bf617a3e-611b-11e9-8ad5-52540088cada

 

NAK veröffentlicht Kernbotschaften zu Alterssicherung und Rente

Berlin, 30. April 2019. Anlässlich ihrer Delegiertenkonferenz am 09. April 2019 hat die Nationale Armutskonferenz (nak) in einem Positionspapier zentrale Botschaften zum Thema Alterssicherung und Rente verabschiedet. Hierzu erklärt der Sprecher der nak Gerwin Stöcken:

„Eine auskömmliche, sichere und verlässliche Alterssicherung zu garantieren, ist eine Kernaufgabe des Sozialstaats in Deutschland. Eine Person im Rentenalter kann ihre soziale Situation nicht mehr aktiv verändern. Spätestens im Alter gilt bis auf wenige Ausnahmen: einmal arm – immer arm“, betont Gerwin Stöcken.

„Gefordert ist deshalb ein Kurswechsel in der Rentenpolitik, aber auch in der vorgelagerten Sozialpolitik. Die Beitragszahlung in die gesetzliche Rentenversicherung muss sich lohnen. Es ist nicht hinnehmbar, wenn jahrelange Beitragszahlungen zu einem Rentenanspruch unterhalb der Armutsgrenze führen. Es ist nötig, Modelle zu entwickeln, die einerseits Beitragszahlungen grundsätzlich honorieren und dies mit der Anerkennung unbezahlter gesellschaftlicher Arbeit verbinden. Bundesminister Heil hat mit dem Konzept einer Grundrente einen Vorschlag zur Aufwertung der Rentenansprüche für Menschen gemacht, die langjährig beschäftigt waren, gepflegt oder erzogen haben. Dieser Vorschlag ist im Grundsatz zu begrüßen“, so Stöcken weiter.

„Das Renteneintrittsalter steigt bis 2031 auf 67 Jahre an. Wie jüngst veröffentliche Zahlen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW)  im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung zeigen, schadet der späte Renteneintritt vor allem den Schwächeren. Wer nicht so lange arbeiten kann und früher in den Ruhestand wechseln muss, erfährt höhere Abschläge und damit geringere Renten. Eine weitere Anhebung des Renteneintrittsalters lehnt die nak deshalb ab. Sie setzt sich vielmehr für einen flexibel ausgestalteten, nach einer längeren Beschäftigung auch früheren Renteneintritt für körperlich und mental belastende Berufe und Tätigkeiten ein.“

„Ergänzend ist es nötig, den Kreis von Beitragszahlenden zu erweitern. Ein solidarisches und dauerhaft tragfähiges System der Alterssicherung kann nur funktionieren, wenn möglichst alle Erwerbstätigen einschließlich Selbständiger  beitragen. Die gesetzliche Rentenversicherung muss deshalb weiterentwickelt werden zu einer Erwerbstätigenversicherung“,  bekräftigt der nak-Sprecher abschließend.

Zum Hintergrund:

Als arm gilt, wer ein Haushaltsnettoeinkommen bezieht, dass unter 60% des mittleren Einkommens liegt. In Deutschland entspricht dies etwa 1096 Euro im Monat.  Jeder Vierte Arme ist Rentnerin oder Rentner. Die Nationale Armutskonferenz (nak) ist im Herbst 1991 als deutsche Sektion des Europäischen Armutsnetzwerks EAPN (European Anti Poverty Network) gegründet worden. Sie ist ein Bündnis von Organisationen, Verbänden und Initiativen, die sich für eine aktive Politik der Armutsbekämpfung einsetzen.

Download der PM: 2019_PM_nak_Alterssicherung

Zum Positionspapier: https://www.nationale-armutskonferenz.de/wp-content/uploads/2019/04/2019_4_30-nak-Botschaften-Rente-Altersarmut.pdf

Die nak beim Armutskongress – Armut und Ausgrenzung dauerhaft überwinden!

Berlin, den 10. April 2019. Anlässlich des Armutskongress, gemeinsam veranstaltet vom Paritätischen Gesamtverband, dem Deutschen Gewerkschaftsbund, der Arbeiterwohlfahrt und der Nationale Armutskonferenz erklärt Gerwin Stöcken, Sprecher der Nationalen Armutskonferenz:

„Wir freuen uns, in diesem Jahr als Nationale Armutskonferenz Mitveranstalterin des Armutskongresses zu sein und dadurch die politische Teilhabe und die Perspektiven von Menschen mit Armutserfahrung auf dem Kongress und darüber hinaus zu stärken und einzubringen. Es gibt viele armutspolitische Baustellen in Deutschland, sei es die Prävention und Bekämpfung von Kinderarmut, die Vermeidung von Altersarmut oder die ausufernde Wohnungsnot. Ganz grundsätzlich geht es aber um die Anerkennung von Würde und Teilhabe jenseits individueller Schuldzuschreibungen. Politisch bedeutet dies, dass stets gewährleistet werden muss, dass für alle Menschen ein sozialrechtlicher Anspruch auf sozialstaatliche Leistungen gilt und der Sozialstaat keine Almosen verteilt. Eine zeitgemäße Sozialpolitik muss zudem darauf ausgerichtet sein, Armut und Ausgrenzung dauerhaft zu überwinden!“

Auf der zentralen Podiumsdiskussion des Armutskongresses erklärte die stellvertretende Sprecherin der Nationalen Armutskonferenz, Werena Rosenke zum Kongressschwerpunkt Wohnen: „Es muss für ein gesellschaftliches Verständnis von Wohnen gekämpft werden, welches Wohnen als Grundbedürfnis, Menschenrecht und Lebensgrundlage begreift. Die umfassende Wohnungsnot, Verdrängungsdynamiken sowie drohende und tatsächliche Wohnungslosigkeit sind zentrale sozialpolitische Herausforderungen, die in der nak intensiv diskutiert werden.“

Die Nationale Armutskonferenz setzt sich für die Teilnahme von Menschen mit Armutserfahrung am Armutskongress ein. „Dies entspricht dem grundlegenden Selbstverständnis der Nationalen Armutskonferenz“, erklärt Gerwin Stöcken abschließend, „wonach ein gesamtgesellschaftliches Verständnis von Armut und eine andere Politik gegen Armut nur dann möglich ist, wenn Menschen mit Armutserfahrung aktiv am Diskurs teilnehmen.“

Die Nationale Armutskonferenz ist Mitveranstalter des Armutskongress

Die Nationale Armutskonferenz ist in diesem Jahr gemeinsam mit dem Paritätischen Gesamtverband, dem DGB und dem AWO Bundesverband Mitveranstalter des Armutskongresses am 10.04-11.04. in Berlin. Unter dem Motto „Baustelle Deutschland. Solidarisch anpacken!“ diskutieren etwa 500 Personen aus Wissenschaft, Verbänden, Sozialen Einrichtungen, Medien und Politik zwei Tage lang über Fragen rund um Armutsbekämpfung. Auch Menschen mit Armutserfahrung bringen sich aktiv ein. Damit wird der Diskurs über Armut um die Stimmen derjenigen bereichert, die Armut selbst erleben. https://www.armutskongress.de/armutskongress-2019/